Strategien in akuten Angstsituationen

Angst ist erlernt und sie ist veränderbar!

Angst ist das Gefühl, das unser Handeln und Wohlbefinden besonders stark beeinflusst. Sie lässt uns förmlich erstarren und lähmt uns. Angst ist der körperliche Hinweis auf eine tatsächliche oder vermutete Gefahr. Das sympathische Nervensystem ist überaktiv und alle physiologischen und psychologischen Prozesse im Körper spielen verrückt.

Wichtig zu wissen:

das Gefühl in der Emotion erschaffen wir selbst kognitiv durch unsere Bewertung einer Situation!

Das ist laut Michaela Brohm-Brady bereits wissenschaftlich belegt. Bei normaler Angst werden wir wacher und aktiver, gerät sie allerdings außer Kontrolle, raubt sie uns die Luft zum Atmen und macht uns reaktions- und handlungsunfähig. Auch hiergegen können wir präventiv und in Akutsituationen gezielt etwas tun.

So wie wir eine Angst „gelernt“ haben, können wir sie auch wieder verlernen bzw. Gegenimpulse setzen z.B. mit einem positiven Zielbild, positiven Visualisierungen oder konstruktiven Gedanken.

Entsteht die Angst z.B. vorrangig durch sorgenvolle Gedanken versuchen Sie es mit dem Gedankenstopp, der Schiebe- oder Zoom-Technik. In abgewandelter Form können Sie diese Methoden auch einsetzen, wenn die Angst über Bilder entsteht. Das Stoppen einer Angst- oder Panikattacke können Sie mithilfe von Düften unmittelbar unterstützen.

Finden Sie aus der Sammlung Ihre Methode und praktizieren Sie diese regelmäßig. Je häufiger Sie die Übungen durchführen desto größer und schneller sehen Sie Erfolge.

Zeigen Sie sich selbst innerlich ein Stoppschild, um die Abwärtsspirale der negativen Gedanken und die gerne recht schnell in ausgemalten Horrorszenarien enden, zu durchbrechen. Möglicherweise müssen Sie das Stoppschild 2-3 x wiederholen bis es wirkt. Machen Sie anschließend einen Faktencheck, um einen realistischeren Blick auf die aktuelle Situation zu bekommen.

Die Zoom-Technik, entwickelt von dem Angstexperten Klaus Bernhardt, lässt sich sehr gut an einem konkreten Beispiel erklären:

Kennen Sie das?

Sie bekommen allein bei dem Gedanken daran, dass Sie nächste Woche eine Prüfung haben Angst. Oder Ihnen steht eine Lehrveranstaltung bevor, die Sie online halten müssen und bei der Sie nicht wissen, ob die Technik überhaupt funktioniert und auch nicht wie viele Studierende teilnehmen oder sich aktiv beteiligen.

Was geschieht dabei in Ihrem Kopf?

Erscheint blitzartig ein Bild in Ihrem Kopf oder startet ein innerer Dialog, was alles schiefgehen könnte? Wenn Sie sich z.B. mit rotem Kopf, Übelkeit, Kloss im Hals und Schweißperlen auf der Stirn vor Ihren Zuhörern oder Ihrem Prüfer stehen sehen, planen Sie in dem Moment ein Angstbild.

Was ist die Konsequenz?

Sie gehen innerlich davon aus, dass Sie während der Prüfung oder während der Lehrveranstaltung wieder diese unangenehme Situation durchleben müssen. Je öfter Sie die sorgenvollen Gedanken denken oder die Angstbilder in Ihrem Kopf „erzeugen“, desto mehr verfestigt sich ein Gedanken- und Glaubensmuster. Häufig quälen wir uns förmlich durch solch angstbesetzte Situationen. Oder wir werden krank um sie zu vermeiden. Wir können aber nicht immer krank werden. Dass es uns immer wieder schlecht geht beim Halten von Lehrveranstaltungen oder Prüfungen kann auch nicht die Lösung sein. Das geht auf Dauer zu Lasten der emotionalen, mentalen und physischen Gesundheit.

Was können Sie konkret tun?

1. Entwerfen Sie ein positives Gegenbild, bei dem Sie mit Leichtigkeit und einem Wohlgefühl erfolgreich Ihre Prüfung bestehen oder Ihre Veranstaltung halten.

2. Sehen Sie sich voller Stolz von der Bühne gehen und wie Sie sich zufrieden über das Feedback und ggf. den Applaus zu Ihren Ausführungen freuen.

3. Stellen Sie sich danach Ihr Angstbild genau vor. Sobald es vor Ihrem inneren Auge auftaucht, konzentrieren Sie sich darauf, wie das Bild schnell immer kleiner wird. Kleiner und kleiner bis es schließlich soweit weggezoomt ist, dass Sie es nur noch als winzigen Punkt erkennen. In dem Moment soll das vorher entworfene positive Zielbild blitzschnell hervorspringen genau aus diesem winzigen Punkt.

Was passiert dabei?

Sie kreieren auf diese Weise eine Momentaufnahme Ihrer perfekten Zukunft. Vergleichbar mit einem Pop-up Fenster beim Computer, das unvermittelt aufpoppt und groß, bunt und freundlich vor Ihrem inneren Auge verweilt. Wiederholen Sie diesen Vorgang mehrmals bis Sie beim Zurückkehren zum Angstbild, dieses überhaupt nicht mehr richtig wahrnehmen können. So lange bis nur noch irgendetwas verschwommen zu dem winzigen Punkt zusammenschrumpft, aus dem sofort automatisch das positive Zielbild auftaucht.

Sie können auch die Schiebetechnik von Klaus Bernhardt als weitere Notfalltechnik in akuten Angstsituationen anwenden.

Sie ist geeignet, wenn Ihre Ängste visuell durch Bilder oder auditiv durch einen inneren Dialog aktiviert werden.

Was ist konkret zu tun?

1. Denken Sie an ein Bild der Angst, das Sie gut visualisieren können. Achten Sie darauf, auf welcher Seite in Ihrem Kopf das Bild erscheint.

2. Versuchen Sie nun dieses eindeutig negative Bild auf die andere, positive Seite Ihres Kopfes zu schieben.

3. Machen Sie die Übung am besten jetzt gleich bevor Sie weiter lesen. Sie können nichts falsch machen.

Was haben Sie bei der Übung bei sich bemerkt?

Häufig bleibt das Bild in der Mitte stecken, als würde es sich weigern auf die andere Seite wechseln zu wollen. Das ist nicht verwunderlich, denn das Gehirn hat nie gelernt auf der anderen Seite negative Bilder zu visualisieren. Wenn es Ihnen gelungen ist, das Bild zu verschieben, haben Sie bemerkt dass sich das Bild von selbst verändern musste, um verschoben werden zu können. Das negative Bild muss sich also verwandeln, zumindest neutral oder noch besser positiv werden, um auf der anderen Seite überhaupt wahrgenommen werden zu können.

Bleiben Sie dran!

Zu Beginn wird das negative Bild auf der positiven Seite nur verschwinden. Mit der Zeit und etwas Übung werden Sie feststellen, dass Ihr Gehirn bald von selbst anfängt auf der positiven Seite immer mehr positive Bilder entstehen zu lassen. Freuen Sie sich auf diesen großartigen Moment, wenn Sie das bei sich selbst feststellen.

Oft tendieren wir dazu, in Schwarz-Weiß-Mustern oder in Alles-oder-Nichts-Kategorien zu denken, anstatt anzuerkennen, dass es Unterschiede oder Abstufungen in Bezug auf Ängste, Fähigkeiten sowie gute oder weniger gute Leistungen gibt. Insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie (z.B. Aron T. Beck) geht von dieser Annahme aus.

Viele Menschen mit perfektionistischen Neigungen zeigen dieses Schwarz-Weiß-Denken in besonders ausgeprägter Form. Sie sind überzeugt davon, dass sie ihren Beruf in Perfektion ausüben müssen. Wenn ihnen das nicht gelingt, empfinden sie dies als Versagen. Dabei existieren zahlreiche Abstufungen zwischen absoluter Perfektion und komplettem Versagen. Wie kann man diese Abstufungen erkennen?

Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, sich selbst gegenüber nachsichtiger zu sein. Betrachten wir dazu ein Beispiel:

Wie kann umgedacht werden?

Alles – oder – Nichts Denken:

„Wenn ich die Prüfung nicht gut bestehe, brauch ich sie erst gar nicht antreten.“

Nachsichtigem Umgang:

„Ich gehe zur Prüfung und schau mal was ich abliefern kann.“

Oder

„Ich gebe mein Bestes, dies reicht aus.“

Achtung: In angstauslösenden Situationen neigen wir dazu, uns selbst sehr hohe Forderungen zu stellen. Sei aufmerksam, wenn du folgende Aussagen von dir selbst hörst: „niemals“, „immer“, „müssen“, „ich kann nicht“, „ich bin unfähig“.

Diese unterstützen das Alles-oder-Nichts-Denken und verstärken den Widerstand. Ersetze die Aussagen wenn möglich. So kann „Niemals“ zu „manchmal“ und „immer“ zu „oft“ werden. Die Aussage „ich kann nicht“ kann durch „ich finde es schwierig“ oder „es ist schwierig für mich“ ersetzt werden.